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Englischer Garten - Stilrichtung

Als "Englischer Garten" bezeichnet eine im 18. Jahrhundert in England entwickelte Strömung innerhalb der Gartenkunst (auch: Englischer Landschaftsgarten) eine der Hauptstilrichtungen. Weitere Stilrichtungen sind der Barocke oder Französische Garten und der Japanische Gartenstil.
 
Der Englische Landschaftsgarten (auch Englischer Landschaftspark, kurz Englischer Garten oder Englischer Park) ist ein Landschaftspark (Landschaftsgarten), dessen Form und Stil sich in England im 18. Jahrhundert entwickelte. Innerhalb der Geschichte der Gartenkunst entstand er als bewusster Kontrast zum bisher dominierenden Barockgarten französischer Prägung, der die Natur in geometrisch exakte Formen zwang.
 
Merkmale:
Anders als in den französisch geprägten Barockgärten mit ihren großen geometrisch angelegten Blumenbeeten (Parterres) finden sich in den klassischen englischen Landschaftsgärten kaum Blühpflanzen. Ziel des Englischen Gartens war es, die bis dato vorhandene mathematische Strenge der exakt angelegten Beete und beschnittenen Hecken zu eliminieren und sich bei der Gartengestaltung mehr nach dem zu richten, was die Natur idealerweise an Ausblicken zu bieten hat. In ihm sollte sich das Prinzip einer natürlichen Landschaft widerspiegeln, die durch unterschiedliche und abwechslungsreiche Eindrücke im Sinne des Ideals eines "begehbaren Landschaftsgemäldes" dem Auge des Betrachters Vergnügen bereiten sollte. Trotz einer angestrebten "Natürlichkeit" ist ein Englischer Garten ein Kunstwerk, der sich an der Ästhetik eines Landschaftsgemälde der idealen Landschaftsmalerei orientiert, maßgeblich waren Künstler wie Claude Lorrain, Nicolas Poussin und Gaspard Dughet. In diesem Sinne bieten Landschaftsgärten "malerische" Ansichten. Die Entstehung einer solchen Parklandschaft war in Großbritannien auch durch die intensive Beweidung im Umfeld der dortigen frühen Industrialisierung bedingt.
 
Die englischen Landschaftsgärten sind durch von Ferne unsichtbare Gräben, bzw. versenkte Mauern, Ha-Ha genannt, von der umgebenden Landschaft abgegrenzt. Der englische Landschaftsarchitekt William Kent griff bei seinen großzügigen Gartenplanungen auf das Ha-Ha als unsichtbares gestalterisches Element zurück. Dieses war erstmals von Charles Bridgeman in die Gartengestaltung eingeführt worden. Es handelt sich dabei um einen Graben, der den eigentlichen Garten von der angrenzenden Landschaft trennt, ohne dass man einen Übergang sieht. Auf diese Weise wurde der nahe Garten mit der weiter hinten liegenden Landschaft optisch zu einer Einheit verschmolzen, ohne dass größere Zäune und Hecken den Ausblick störten.
 
Um den Horizont zu akzentuieren, wurden antike Tempel, später auch chinesische Pagoden, künstliche Ruinen, Grotten und Einsiedeleien (Eremitagen) in die Landschaft eingestellt. Anstelle von geradlinigen Kanälen, runden Bassins und Kaskaden, die man im barocken Garten von den geometrisch exakt angelegten Wegen aus bewundern konnte, gab es im Englischen Garten sich abwechslungsreich durch die Landschaft schlängelnde Wege und Flüsse. Lancelot "Capability" Brown schuf Gärten (oder eher Parkanlagen) mit weiten Rasenflächen, sich großzügig windenden Wegen, sich frei windenden Flüssen und natürlich wirkenden Teichen und Seen, zwischen die Reihen aus passenden Bäumen oder kleinere Wälder gepflanzt wurden. Häufig wurden die Wege auch leicht versenkt angelegt, so dass sie von anderen Wegen aus von der Seite her nicht zu sehen waren und ungestörte Rasenflächen vorspiegelten.
 
Ein Phänomen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts waren die Schmuckeremiten, professionelle Einsiedler, die während einer vertraglich festgelegten Dauer in eigens eingerichteten Eremitagen wohnten und sich zu bestimmten Tageszeiten sehen ließen, um die Eigentümer der Parks und deren Gäste mit ihrem Anblick zu unterhalten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts kamen auch Bauten der Neogotik in Mode, unter dem Einfluss von Horace Walpole, der auch ein Buch über englische Gartenkunst schrieb (Essays on Gardening 1794).
 
In abgewandelter Form wurde die Idee des Englischen Gartens auch in die Nachbarländer importiert. Beispiele aus Deutschland sind der von Friedrich Ludwig Sckell gestaltete Englische Garten in München und der Rombergpark in Dortmund oder der Georgengarten und der Hinübersche Garten in Hannover. Führend bei der Einführung in Deutschland war Christian Cay Lorenz Hirschfeld, dessen Theorie der Gartenkunst in fünf Bänden zwischen 1779 und 1785 erschien. Er beeinflusste zum Beispiel Carl Heinrich August Graf von Lindenau (1755-1842), dessen Park in Machern einen der frühesten englischen Gärten in Deutschland darstellt, auch wenn gewisse Ideen noch auf die Gartenideale der Empfindsamkeit zurückgehen. Die landschaftsarchitektonische Fortentwicklung auf dem europäischen Kontinent ist stark dem "Gartenfürsten" Hermann von Pückler-Muskau zu danken.

Als größter Landschaftspark Europas gilt die ca. 200 km² umfassende Kulturlandschaft um Lednice (dt.: Eisgrub) und Valtice in Südmähren (Tschechien), die heute das Prädikat "UNESCO-Weltkulturerbe" trägt.
 
Beispiele von Landschaftsgärten:
Pagode in den Royal Botanic Gardens, Kew, England
Dorischer Tempel im Gothaer Schlosspark
 
Beispiele in Deutschland:
 - Von-Halfern-Park in Aachen
 - Lousberg-Park in Aachen
 - Müschpark in Aachen
 - Park Schönbusch in Aschaffenburg
 - Fürst-Pückler-Park Bad Muskau
 - Fürstenlager bei Bensheim (Südhessen)
 - Schlosspark Biebrich in Wiesbaden
 - Park des Anwesens Villa Haas
 - Schloss Wilhelmsthal bei Calden
 - Der Hofgarten in Coburg
 - Fürst-Pückler-Park Branitz bei Cottbus
 - Prinz-Emil-Garten in Darmstadt-Bessungen
 - Dessau-Wörlitzer Gartenreich:
  a) Wörlitzer Park
  b) Oranienbaum
  c) Schloss und Park Mosigkau
  d) Schloss und Park Großkühnau
  e) Park und Schloss Georgium
  f) Luisium
  g) Sieglitzer Berg
 - Palaisgarten in Detmold
 - Rombergpark in Dortmund
 - Seifersdorfer Tal bei Dresden
 - Hofgarten in Düsseldorf
 - Hofgarten Eichstätt
 - Schlosspark Gotha
 - Schlosspark Lätetsburg bei Hage in Ostfriesland
 - Landschaftspark Althaldensleben-Hundisburg in Haldensleben
 - Wilhelmsbad (Hanau)
 - Georgengarten (Hannover)
 - Welfengarten in Hannover
 - Ernst-Ehrlicher-Park in Hildesheim
 - Park und Schloss Dyck in Jüchen
 - Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel
 - Karlsaue in Kassel
 - Englischer Garten in Landsberg am Lech
 - Schlosspark von Machern bei Leipzig
 - Evenburger Park in Leer-Loga
 - Ehemaliger Schlosspark in March-Hugstetten
 - Englischer Garten in Meiningen
 - Englischer Garten in München
 - Schlosspark Nymphenburg in München
 - Schlossgarten in Oldenburg
 - Berlin-Potsdamer-Kulturlandschaft mit den Anlagen:
 a) Park Sanssouci
 b) Neuer Garten
 c) Park Babelsberg
 d) Park Glienicke
 e) Pfaueninsel
 - Dörnbergpark in Regensburg
 - Schlosspark Ringelheim in Salzgitter
 - Rosensteinpark in Stuttgart
 - Schlosspark (heute zum Teil Stadtpark) in Teublitz
 - Grünfelder Park[2] bei Waldenburg (Sachsen)
 - Tiefurt bei Weimar
 - Park an der Ilm in Weimar
 - Park Ettersburg bei Weimar
 - Park Belvedere bei Weimar
 - Felsengarten Sanspareil in Wonsees
 - Ringpark in Würzburg
 
Beispiele in Österreich:
Der bedeutendste Landschaftspark österreichs ist der Schlosspark in Laxenburg, in dem sich auch viele klassizistische und romantische Staffagebauten finden, etwa die Franzensburg.
 
Beispiele in der Schweiz:
Die Ermitage Arlesheim in Arlesheim ist der größte englische Garten in der Schweiz. Der Park wurde auf Initiative von Balbina von Andlau-Staal und deren Cousin Domherr Heinrich von Ligerz erbaut und 1785 eröffnet.


Beispiele in England:
Beispiele für Englische Gärten in England sind der für den Dichter Alexander Pope in Twickenham angelegte Garten (nicht mehr erhalten), William Kents Landschaftsparks in Claremont House und Stowe House, die für Lord Burlington geschaffene Anlage in Chiswick, John Vanbrughs Garten Aislabie in Studley sowie Stourhead bei Stourton in Wiltshire.
Beispiele in Frankreich
Jardin des Plantes in Angers
Jardin Albert Kahn in Boulogne-Billancourt
 - Jardin des Plantes in Angers
 - Englischer Garten im Jardin Albert Kahn in Boulogne-Billancourt
 - Jardin Monstrelet in Cambrai
 - Englischer Garten im Schloss Chantilly
 - Jardin Lecoq in Clermont-Ferrand
 - Stadtgarten Cognac
 - Englischer Garten im Schloss Compagne
 - Englischer Garten in Dinan
 - Parc Bertin in Douai
 - Park von Ermenonville
 - Englischer Garten im Schloss Fontainebleau
 - Park im Schloss Fontaine-Henry
 - Jardin botanique de Haute-Bretagne in Le Chatellier
 - Parc de la Tate d´Or in Lyon
 - Park von Schloss Méréville
 - Parc Monceau und Parc Montsouris in Paris

 - Parc Beaumont in Pau
 - Park von Schloss Bois-Prcau in Rueil-Malmaison
 - Jardin de la Rhônelle in Valenciennes

 - Englischer Garten des Petit Trianon in Versailles
 - Englischer Garten von Vesoul

Beispiel aus Polen:
 - Garten in Arkadia, Kreis Łowicz, Woiwodschaft Łódź


Beispiel in Russland:
 - Englischer Landschaftsgarten der ehemaligen Sommerresidenz der russischen Zaren in Pawlowsk

Quelle(n):
 - Adrian von Buttlar: Der Landschaftsgarten. Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln: DuMont, 1989, ISBN 3-7701-2088-4
 - Alfred Hoffmann: Der Landschaftsgarten (Reprint der Ausgabe Hamburg, Broschek, 1963), Koenigstein/W.-Germany: Koeltz, 1981 (= Bd 3. von Dieter Hennebo u. Alfred Hoffmann (Hrsg.): Geschichte der deutschen Gartenkunst), ISBN 3-87429-196-0
 - Heinz-Joachim Müllenbrock: Der englische Landschaftsgarten des 18. Jahrhunderts und sein literarischer Kontext: als öffentl. Vortrag d. Joachim-Jungius-Ges. d. Wiss. gehalten am 5.11.1985 in Hamburg (Veröffentlichungen der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften Hamburg; Nr. 54), Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1986, ISBN 3-525-86219-9
 - Frank Maier-Solgk/Andreas Greuter: Landschaftsgärten in Deutschland, Stuttgart 1997: Dt. Verl.-Anst., ISBN 3-89836-130-6
 - Eduard Petzold: Fürst Hermann von Pückler-Muskau in seiner Bedeutung für die bildende Gartenkunst, 1874.
 - Siegmund, Andrea: Die romantische Ruine im Landschaftsgarten. Ein Beitrag zum Verhältnis der Romantik zu Barock und Klassik. Würzburg, , Königshausen & Neuman 2002.
 - Siegmund, Andrea: Die Vieldeutigkeit der Bilder im Landschaftsgarten. In: Kirchhoff, Thomas & Trepl, Ludwig (Hg.): Vieldeutige Natur. Landschaft, Wildnis und Ökosystem als kulturgeschichtliche Phänomene. Bielefeld, transcript 2009, S. 163-177.
 - Siegmund, Andrea: Der Landschaftsgarten als Gegenwelt. Ein Beitrag zur Theorie der Landschaft im Spannungsfeld von Aufklärung, Empfindsamkeit, Romantik und Gegenaufklärung. Würzburg, Königshausen & Neumann 2011.
 - Siegmund, Andrea: Vier Typen von Ideallandschaft oder Spielereien mit einem Tetraeder.Laufener Spezialbeiträge 2011 (1): S. 14-17, 2011.
 - Wikipedia, DE, 2013
 - Englische Gärten des 18. Jahrhunderts - Arkadien wird entdeckt
 - Der Landschaftsgarten (Englischer Garten) - ein kurzer Übeberblick (PDF-Datei; 56 KB)
 - Buttlar, Adrian von: Der Landschaftsgarten. Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik. DuMont, Köln 1989.
 - Website zum Grünfelder Park
 - www.ermitage-arlesheim.info: Die Ermitage von Arlesheim. Führungen durch den größten englischen Landschaftsgarten der Schweiz, Zugriff am 22. September 2011


Bilder unten: Der Englische Garten in München - 1 mit dem Monopterus; 2 am Eisbach-Wasserfall


 


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