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Bieroper

"Parodistische Oper", "musikalischer Scherz", "parodistische Gesangsburleske", "musikalisches Quodlibet", "komisches Gesangs-Potpourri" oder "heitere Gesangsszene" gehören seit der Barockzeit zu den parodistischen Formen des Musiktheaters. Die vielleicht erste Bieroper im engeren Sinne - "Die Klugheit der Obrigkeit in Anordnung des Bierbrauens" von Richard Treiber - wurde 1705 in Arnstadt aufgeführt. Selbst Bach wurde eine Bieroper zugeschrieben. Als "Mutter aller Bieropern" der Moderne gilt "Rinaldo Rinaldini", die Ende des 19 Jahrhunderts von Richard Thiele verfasst wurde und die den von C.A.Vulpius verfassten gleichnamigen Räuberroman parodiert. Das Grundverfahren der Bieroper besteht darin, ein allgemein bekanntes Ereignis oder einen bekannten Stoff der Populärkultur zu einem humoristischen, oft gereimten Libretto zu formen und es mit einem Reigen von gängigen Melodien aus Opern, Operetten, symphonischen Werken, Studenten- und Volksliedern musikalisch umzusetzen. Sofortige Zugaben besonders beliebter Stücke, Stegreifeinlagen, die Besetzung von Frauenrollen mit männlichen Darstellern oder Sängern machten die Bieroper zu einem höchst derben, aber auch höchst lebendigen Format der Musikbühne. Immer spielt dabei der reichliche Konsum von Bier eine zentrale Rolle. 1971 formierte sich das 1. Wiener Bieropernensemble, das die Form zu neuer Popularität brachte.
Musikalische Parodien spielen auch in der Geschichte des Tonfilms und vor allem des Fernsehens eine immer wieder bemerkenswerte Rolle. Allerdings blieb die Derbheit der Bieroper meist unerreicht, vielleicht auch aus dem Grunde, dass deren Aufführungen in Film und Fernsehen nicht an die lebendige Auseinandersetzung zwischen Bühne und anwesendem Publikum, zudem unter den besonderen Bedingungen der Aufführung im Wirtshaus, auf Feiern usw. anknüpfen konnte. }}(HJW)}111-06
}Neutralfilter }auch: neutraler Graufilter
Neutralfilter bestehen aus absorbierenden Gläsern (Rauchgläsern u.ä.) oder aus lichtdurchlässigen Metallschichten; sie dienen dazu, die einfallende Lichtmenge zu reduzieren, ohne dabei die Eigenschaften des Bildes zu beeinflussen.}}(JH) }111-06
}Ökologie II}Neben den naturbezogenen Varianten des ökologischen Films steht eine soziologische resp. politische Variante, die das Gesamt menschlicher und natürlicher Umweltfaktoren als systemische Zusammenhänge auffassen. Insbesondere Modernisierungen, die in als normal erlebte Lebensverhältnisse eingreifen, sind ein Thema, an dem eine ökologische Haltung ausgedrückt werden kann (und es ist schnell deutlich, dass diese Formen des Ökologismus an die marxistische Gesellschaftsanalyse anknüpfen). Eine ganze Reihe von Filmen haben sich z.B. mit der gesundheitlichen Gefährdung von Arbeitnehmern auseinandergesetzt, so dass dem Profitstreben der Konzerne ein eigenes Interesse der Arbeitenden entgegengesetzt wird; man denke an ERIN BROCKOVICH (USA 2000, Steven Soderbergh) oder an den älteren SILKWOOD (USA 1983, Mike Nichols), der in der Nuklearindustrie angesiedelt ist.
Filme wie PRETTY POISON (USA 1967, Noel Black) über die Einleitung von Industrieabwässern in einen Fluss nahmen sich ökologischer Themen lange vor der Formierung einer politischen Ökologie-Bewegung an. Trotz derartiger Ausnahmen ist der Motivkomplex so jung wie die gesellschaftspolitische Sensibilität gegenüber ökologischen Problemstellungen, Risiken und Katastrophen. So schreibt gerade der Spielfilm ökologischen Themen erst seit den späten 1970er Jahren überhaupt eine Fiktionswürdigkeit zu.
Literatur: Fischer, Norman: "Blade Runner" and "Do Androids Dream Of Electric Sheep?" An ecological critique of human-centered value systems. In: Canadian Journal of Political and Social Theory 13,3, 1989, S. 102-113. - Magoc, Chris J.: The machine in the wasteland. Progress, pollution, and the pastoral in rural-based television, 1954-1971. In: Journal of Popular Film and Television 19,1, 1991, S. 25-34. - Podeschi, Christopher W.: The nature of future myths. Environmental discourse in science fiction film, 1950-1999. In: Sociological Spectrum 22,3, July 2002, S. 251-297.}Ökologie I;}(AS/PB)}111-06
}Ökologie I }Stoffbereich, der in allen Genres und Gattungen bearbeitet werden kann, sich dabei auf zwei Grundorientierungen zurückführen lässt: (1) Der "naive" oder "naturbezogene Ökologismus" feiert die Natur und beklagt alle menschlichen Eingriffe; er ist tendenziell industriefeindlich, im Extremfall restaurativ und darauf aus, ein Schutzrecht der vorzivilisatorischen Naturzustände einzuwerben oder einzuklagen. So handelt schon WHERE THE VULTURES FLY (Großbritannien 1951, Harry Wash) von der Gründung des Nationalparks am Kilimandscharo. Insbesondere Abenteuerfilme haben eine Naturvorstellung umgesetzt, die sie als etwas Ursprüngliches gesetzt hat, das aber gefährdet und wohl kaum zu retten ist. In John McTiernans MEDECINE MAN(1992) kann man durch die Wipfel der Amazonas-Dschungel die Feuer der Rodungen näher kommen sehen. Otar Iosselianis ironische Parabel ET LA LUMIERE FUT (Frankreich 1989) führt das Dilemma eines solchen Ansatzes konsequent durch - das afrikanische Dorf, in dem das Geschehen angesiedelt ist, verändert sich durch die Zivilisierung vollständig, ohne dass aber grundlegende Probleme gelöst würden. Eine ganze Reihe neuerer Filme hat auf die unabschätzbaren Folgen hingewiesen, die zum einen aus einer fortschreitenden Vergiftung der natürlichen Umwelt entstehen, die zum anderen aus den Experimenten der Gentechnik erwachsen könnten. So erzählt AGENT ORANGE (Großbritannien 1989, Robert Davies) von der Beimischung von Giften zu Futtermitteln. (2) Der "analytische naturbezogene Ökologismus" interessiert sich für systemische Wechselbeziehungen und die oft nur schwer kontrollierbaren Folgen, die Veränderungen an einzelnen Elementen an anderen Elementen des Systems zeitigen. Der Dokumentarfilm DARWINS ALPTRAUM (BRD 2004, Hubert Sauper) etwa zeigt, wie sich das Leben im Viktoria-See grundlegend verändert hat, weil englische Fischzüchter hier einen Barsch ausgesetzt haben, der nicht zum ursprünglichen System gehörte.
Literatur: Hochman, Ihan: Green cultural studies. Nature in film, novel, and theory. Moscow, Idaho: University of Idaho Press 1998. - Salomone, Kandice L. / Greenberg, Michael R. / Sandman, Peter M. / Sachsman David B.: A question of quality. How journalists and news sources evaluate coverage of environmental risk. In: Journal of Communication 40,4, 1990, S. 117-130. }Ökologie II; }(AS/PB)}111-06
}Phonofilm }Der Erfinder Lee de Forest nahm die Entwicklungsarbeiten an seinem Phonofilm-System 1919 auf. Es ging dabei darum, ein erstes Lichtton-Verfahren zu entwickeln. Dabei wurde der Strom der Mikrofone in Licht umgewandelt, das als "Lichtton-Spur" unmittelbar auf den Film aufgebracht wurde und der im Kino zunächst in elektrische, dann in akustische Schwingungen rückübersetzt wurde. 1922 waren öffentliche Vorführungen möglich, de Forest gründete die De Forest Phonofilm Corporation und begann, Kinos mit Geräten für die Wiedergabe von Tonfilmen nach seinem Verfahren auszustatten. 1923 konnte er seine Versuchs- und Demonstrationsfilme bereits in 30 Filmtheatern zeigen. Als Filme kamen Aufzeichnungen von Bühnenauftritten (v.a. aus dem Vaudeville-Theater), von Reden und von musikalischen Auftritten zum Einsatz. Das größte Problem bei den Aufführungen waren die damals noch unzureichend entwickelten Lautsprecher, die bei der Wiedergabe in großen Räumen den Ton erheblich verzerrten; außerdem jaulte der Ton wegen der Gleichlaufschwankungen der Projektoren, so dass es de Forest nicht gelang, eine potente Filmproduktionsfirma für sein Tonsystem zu gewinnen. Es gilt als sicher, dass de Forest das Verfahren nicht nur auf deutsche Vorarbeiten stützte, sondern die Ausgangsidee seinem Studienkollegen Theodore Willard Case gestohlen hat, so dass die Geschichte des Lichttons im Kino fast kriminalistische Züge enthält.}}(JH)}111-06
}Polarisationsfilter }auch in der Kurzform: Polfilter
Polarisationsfilter dienen dazu, Spiegelungen und Reflexe auf der Hauptoptik der Kamera zu dämpfen oder ganz auszuschalten. Außerdem lassen Polfilter blauen Himmel dunkler erscheinen, so dass man auf diesem Wege Nachtaufnahmen tagsüber machen kann (day for night, amerikanische Nacht).}}(JH) }111-06
}Portal }auch: Bühnenrahmen, Bühnenportal, Portalrahmen, Portalanlage, technisches Portal
Die bilderrahmenartige Umfassung der Bühne, wie sie vom Zuschauer aus sichtbar ist, wird "Portal" genannt. Sie bildet die vordere Öffnung der Guckkastenbühne. Es besteht aus zwei Seitenteilen, den Portaltürmen, und einem Oberteil, der Portalbrücke. Vor allem im Barocktheater war das Proszenium (auch: Proszeniumsbogen) reich ausgestaltet, der Übergang vom Bühnen- zum Zuschauerraum wurde architektonisch eigens ausgestaltet. Zu dieser Zeit und in der darauf folgenden Zeit des Logentheaters waren oft Logen mit besonders exponierten Sitzplätzen in das Proszenium integriert, so dass Zuschauer an diesen Orten "zwischen" die beiden modalen Räume gerieten und in gewisser Weise zur Inszenierung der Theaterhaftigkeit des Geschehens zählten. Als Rahmung des Bildes und manchmal als offener Verweis auf seine theatergeschichtliche Funktion findet sich das Portal auch als bildkompositorischer Rahmen im Kino.}}(HHM) }111-06
}Proszenium}}Portal;}}111-06
}Realismus}}Dokumentarfilm; Protokollfilm; Dokumentation; - als bildtheoretisches Problem Ähnlichkeit; Ähnlichkeitstheorie des Bildes; perzeptuelle Ähnlichkeit / perzeptueller Realismus; als Wesenszug des Kinos / des Films totaler Film; - als programmatischer Anspruch Arbeiterfilm; Berliner Schule; Cinema Nôvo; magischer Realismus;}}111-06
}Rollenboden }}Schnürboden; }}111-06
}Schnürboden }auch: Rollenboden
Alte Bezeichnung eines Oberbodens über der Bühne, gelegentlich auch einer Arbeitsgalerie seitlich-oberhalb der Bühne. Auf dem Schnürboden stand die "Obermaschinerie", in der die Seile ("Schnüre") zusammenliefen und von der aus sie bedient werden konnten, an denen die Prospektstangen hingen, an denen wiederum die Hintergrund- und Seiten-Bühnendekorationen befestigt waren.}Beleuchtungsbrücke;}(HHM) }111-06
}Shaky cam }von engl.: shaky = zittrig, wackelig + cam von camera
Slangausdruck für Segmente von Fernsehsendungen, die mit zittriger Handkamera - vor allem sehr kleinen DV-Kameras - gefilmt worden sind.}}(AS)}111-06
}Starfilter }auch: Sterneffekt-Filter; engl.: star filter
Ein Starfilter ist ein drehbarer optischer Vorsatzfilter, der in den Spitzlichtern einer Gegenlichtaufnahme Sterneffekte hervorruft. Es gibt eigene Filter für vier- und sechsstrahlige Sterne. Eine aus zwei Scheiben bestehende Weiterentwicklung des Sterneffekt-Filters - die beiden Scheiben werden während der Aufnahme in Gegenrichtung zueinander bewegt - bewirkt eine Vervielfachung des Effekts. Sterneffekte finden sich recht häufig in Mode- und Werbefotografie; im Film sind sie selten und werden fast nur dann eingesetzt, wenn Momente intensiven Erlebens dargestellt werden sollen; zudem lassen sie sich leicht zur Irrealisierung des Bildes verwenden.}}(JH) }111-06
}Studio deal }Ein Output-Deal, bei dem eine Jahres- oder Mehrjahres-Produktion eines Major-Studios verkauft wird, wird manchmal ?studio deal` genannt.}Output deal }(HHM)}111-06
}Suspension of disbelief}auch: willing suspension of disbelief
Wenn Rezipienten fiktionale Texte rezipieren, lassen sie sich weder von unrealistischen Szenen noch von kleineren logischen Brüchen in der Handlung oder von Kontinuitäts- und Anschlussfehlern in ihrem Rezeptionsgenuss stören. Vielmehr zeigen sie eine erhebliche Toleranz gegenüber Unrealistischem und Handlungsinkonsistenzen. Eine solche Toleranz einem fiktionalen Medieninhalt gegenüber ist unter dem Begriff ?(Willing) Suspension of Disbelief` bekannt (nach einer eher essayistisch gemeinten Formulierung des englischen Literaten Samuel Taylor Coleridge aus dem Jahre 1817). Es bezeichnet das Unterdrücken von Zweifeln eines Rezipienten, die ihn normalerweise plagen müssten, hätte er es nicht mit einem fiktionalen Text zu tun. Lässt er sich auf eine Fiktion ein, hinterfragt er ihren Realitätsgehalt nicht mehr, suspendiert also das Nichtglauben einzelner Informationen. Obwohl das Phänomen bereits seit annähernd zweihundert Jahren von verschiedensten Autoren (v.a. in der Literaturtheorie) immer wieder angesprochen worden ist, gibt es bisher keine einheitliche Konzeptualisierung. Die am weitestgehende Modellierung des Prozesses stammt von Norman Holland, der neben der Unterdrückung der Präsenz des Zuschauerleibes und der Ausblendung aller Kontexte, die nicht zum fingierten Universum gehören, den Verzicht auf die Realitätsprobe der Fiktion als Elemente der ?suspension of disbelief` behauptete.
Literatur: Böcking, Saskia / Wirth, Werner / Risch, Christina: Suspension of Disbelief: Historie und Konzeptualisierung für die Kommunikationswissenschaft. In: Rezeptionsstrategien und Rezeptionsmodalitäten: Formen der Nutzung, Aneignung und Verarbeitung von Medienangeboten. Hrsg. v. Volker Gehrau, Helena Bilandzic u. Jens Woelke. München: Fischer 2005. - Holland, Norman: The 'Willing Suspension of Disbelief' Revisited. In: Centennial Review 11, 1967, S. 1-23. - Schaper, Eva: Fiction and the Suspension of Disbelief. In: British Journal of Aesthetics 18, 1978, S. 31-44.}plot hole;}(HJW) }111-06
}Totaler Film}Der "totale Film" resp. das "totale Kino" bezeichnet in einem kurzen Artikel André Bazins den Fluchtpunkt der Entwicklung des Kinos zu einem integralen, dem Kino wesenhaft innewohnenden Realismus. Der Film hat dieses Ideal nie erreicht, dafür war es technisch beschränkt. Aber alle technologischen Erweiterungen des Kinos - Ton, Farbe, Breitwandformate - haben es ihm nähergebracht. Am Ende dieser extremen Realismus-Theorie des Films kommt es so zu einer Annäherung von Film und dem, was er zeigt.
Literatur: Bazin, André: Le mythe du cinéma total. In: Critique, 1946; repr. In seinem: Qu'est-ce que le cinéma? 1. Paris: Ed. du Cerf 1958, S. 21-26. Zahlr. Übers. Dt. u.a.: Der Mythos vom totalen Film. In seinem: Was ist Film? Berlin: Alexander 2004, S. 43-49.}}(HJW)}111-06
}Tragic mulatta}Seitdem 1991 in Maryland zum ersten Mal die "one drop rule" formuliert wurde - ein Tropfen schwarzen Blutes genügt, jemanden als Mischling ansehen und behandeln zu können -, existiert die Figur der ?tragic mulatta`. Tragic-Mulatta-Geschichten drehen sich um eine schöne und kluge Sklavin, die im Sklavenstand lebt, weil sie "ein Tropfen schwarzes Blut" in ihren Adern hat. Begabt mit allen Tugenden (nord-)amerikanischer Mittelschichtfrauen, gutaussehend, charmant und sexy, verliebt sie sich in einen Weißen (und damit einen Sklavenhalter) oder versucht, sich aus dem Leben der schwarzen Lower-Class zu befreien - und scheitert; die Geschichten enden fast immer tragisch. Die Figur spielte vor allem in der Propaganda-Literatur gegen die Sklaverei eine Rolle und findet sich bis heute auch in Filmen, die sich kritisch mit Rassismus auseinandersetzen. Sie ist durchaus ambivalent, weil sie Sklaverei oft nicht als politisches oder moralisches Problem thematisiert, sondern sie sentimentalisiert. Mulatta-Figuren finden sich in vielen Genres - erinnert sei an die Julie aus dem Musical SHOWBOAT (1936, James Whale), die Titelfigur aus PINKY (1949, Elia Kazan), deren Recht auf Besitz sogar vor Gericht verhandelt werden muss, oder die Figur der Sarah Jane aus dem Melodram IMITATION OF LIFE (1959, Douglas Sirk). In aller Regel thematisiert die Figur das Rassenproblem als Diskriminierung; nur gelegentlich wählt die Figur bewusst die schwarze Identität als subjektives Zentrum (ein Beispiel ist VEILED ARISTOCRATS, 1932, Oscar Micheaux, in dem die hellhäutige Rena sich als Schwarze versteht und so dem Standard-Konflikt der Tragic-Mulatta ausweicht).
Literatur: Anderson, Lisa M.: Mammies No More : The Changing Image of Black Women on Stage and Screen. New York: Rowman & Littlefield 1997. }}(HHM) }111-06
}Tunnelblick }engl.: tunnel vision
(1) Bei höheren Geschwindigkeiten, in denen sich das sehende Subjekt durch die Umgebung bewegt, kommt es zum so genannten "Tunneleffekt" der Wahrnehmung: Die Augen können eigentlich nur in einem Bereich von 30-40 Grad scharf sehen; das gesamte Gesichtsfeld von 200 Grad wird erst dadurch ausgeschöpft, dass der Blick ständig die Umgebung abtastet. Steigt die Eigen-Geschwindigkeit, ist das Auge überfordert. Details an den Rändern des Gesichtsfeldes verschwimmen. Die Abtastbewegungen werden eingeschränkt. Eingeschränkte Wahrnehmung erhöht die Anspannung, so dass Angst entsteht. Bei extremen Beschleunigungen (etwa in Flugzeugen) kommt es zum greyout effect - die Wahrnehmungen verlieren ihre Farben, das gesamte Wahrnehmungsfeld wird grau, im Extremfall folgt Bewusstlosigkeit. Bei schnellen Kamera-Fahrten entsteht auch im Kino ein ähnlicher Effekt: Das Bildfeld ist insgesamt in zu schneller Bewegung, um noch verlässlich abgetastet zu werden; kommt unterstützend zur Bewegung noch eine kurze Optik dazu - sie erweckt den Anschein, als würde das Wahrnehmungsfeld des Bildes zu den Rändern hin liquide, die Objekte scheinen aus dem Gesichtsfeld der Leinwand "herauszufließen" -, so entsteht auch im Kino jenes leichte Unwohlsein und jene leichte Irritation der Raumwahrnehmung, die als -Tunnelblick" in der Realität auftritt.
(2) Der Rede von "Scheuklappen-Anlegen" ähnliche allgemeine Metapher für "beschränkte Wahrnehmung", die gelegentlich auch als medienkritisches Bild auf das Fernsehen angewendet wird: Danach verursacht das Fernsehen eine höchst beschränkte, vom rezipierenden Subjekt nicht kontrollierbare Einschränkung der Realitätswahrnehmung im Allgemeinen. Der Tunnelblick in diesem Sinne ist eine Erscheinungsform der Vorurteilsbelastung des Wissens. Allerdings gehört es nach Ansicht vieler Kritiker zu den Aufgaben der Kunst, spezifische Weltansichten stilistisch und epistemisch radikalisiert zu formieren.
Literatur: Slater, Judith: Quentin's Tunnel Vision. Modes of Perception and Their Stylistic Realization in The Sound and the Fury. In: Literature and Psycholgy 27,1, 1977, S. 4-15. }}(AS) (JH)}111-06
}UA }Abkürzung für: Uraufführung }}}111-06
}Wirkungsforschung }}Kognitive Dissonanz; Lasswell-Formel; Leitbild; Meinungsführer; Wissensklufthypothese; }}111-06


Veranstaltungskalender

Lexikon

Lavieren

Verwaschene, flüssige Farben werden vermalt.
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Viola d’amore

Historisches Streichinstrument ähnlich einer Bratsche. Fachbegriff aus dem Bereich Musik.
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amabile

Italienisch: lieblich, zärtlich. Fachbegriff aus dem Bereich Musik.
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